Dienstag, 30. April 2013

Auch die Stacheln sind gut

Den 30.4. werde ich im Leben nicht vergessen. Ein Rausch von morgens bis abends. Dank meiner Kapitana, die einen 7. Sinn dafür hat, wo es schön ist und vor Wind und Welle geschützt. Ich wollte eigentlich wieder in die "Zivilisation", aber Monika hat mich überredet, noch mal zu segeln, dann den Anker in einer noch verrückteren Bucht fallen zu lassen. Damit wir nicht hungern müssen, hat sie zwei Brote gebacken und ein Glas eingekochtes Fleisch geöffnet, das sich ohne Kühlung 4 Wochen gehalten hat. Diese alte Methode von Muttern öffnet ganz neue Möglichkeiten der Vorratshaltung. Ich bin dann noch mal mit dem Kajak los und mühsam durch die Kakteen auf den Berg gestiegen. Der Ausblick hat mich schier umgehauen. Ich hätte da oben vor Freude schreien können inmitten der Kakteen, Raubvögel und Kolibries, bei diesem Ausblick, weit und breit kein Schiff, nur LIZA. Es ist nicht zu fassen, wie ein Stromschlag, den ich zum Aufwachen brauchte. Es gab einige Dämpfer in den letzten Wochen, die nicht gerade dazu ermunterten, nach Kanada aufzubrechen. Aber jetzt ist die Entscheidung gefallen, es gibt kein Zurück, kein Hierlassen des Schiffes, wie die meisten Kanadier es machen: bis zum nächsten Winter an Land stellen und mit Gurten gegen Hurricanes sichern. In Kanada wird es schwer, einen Liegeplatz zu bekommen. Avisierte Marinas sind geschlossen, andere demzufolge übervoll. Auch ist unsere für die Einreise nach Kanada für Immigranten notwendige Permanent Resident Card nicht angekommen. Wir regeln gerade mit Anwalt-Hilfe, wer schuld daran ist und ob wir trotzdem einreisen können. Auch wenn es alles schwieriger sein sollte mit Schiff & Co, wir gehören dort dieses Jahr mit unserer LIZA erst einmal hin, möchten zu zweit den Anker im River Inhabitants Basin vor dem Haus fallen lassen, und alles wird irgendwie zu schaffen sein. Punkt.

ist das nicht berauschend? (zum Vergößern anklicken)

gut geschützt, hier gehen auch die Ziegen nicht dran

dafür aber die Kolibries "ohne anfassen"






Schützt die Riffe

Nun sind wir doch wieder in einer wunderschönen Bucht "hängen geblieben". Wir müssten dringend einkaufen, aber da kann man doch nicht dran vorbei fahren. Einen ganzen Tag waren wir allein, konnten schnorcheln bis zum Abwinken. Monika hat gesagt, schon allein wegen dieser wunderschönen Riffe möchte Sie wieder in die Karibik kommen. Tja, und dann gegen Abend fielen die Charterchiffe ein. Ein Moorings- und Sunsail Schiff nach dem anderen. Und - es tut einem in der Seele weh: statt wie wir die Bucht immer nach großen Sandstellen absuchen oder tauchen, kümmern sie sich einen Dreck um die in jeder See-Karte eingetragenen Riffe, die man sogar von Bord aus bestens sehen kann. Der Anker wird mitten in die Korallen geworfen, als ob sie nicht schon genug unter der Klima- und Wassererwärmung und den zunehmenden tropischen Stürmen leiden. Anfangs schwimme ich noch rüber oder rufe, dass da ein Riff ist. Manche drehen ab, aber irgendwann kann und will ich mich nicht mehr darum kümmern.
Es sind auch nicht nur Chartercrews, aber sehr oft Franzosen. Ich sag dazu nichts mehr. Früher, als ich meine Tauchscheine gemacht habe, wurde von den Prüfern darüber gelästert, woran man eine französische Tauchgruppe im Riff erkennt. Es gibt wohl doch ein paar Grundwahrheiten. Ich bin so traurig über dieses Verhalten und will jetzt doch noch auf der nächsten Insel St. John sehen, wie die Amerikaner damit umgehen. Es soll schmerzhafte Strafen geben, wenn man dort in Riffen ankert, bzw. es ist sowieso fast überall verboten, weil es überall Anker-Bojen gibt. Das ist dann die Kehrseite, aber vielleicht tut es den Riffen gut. Der Mensch ist einfach dumm, ignorant. Ich kann davor die Augen einfach nicht zumachen. Man kann es den Seglern ja sogar sagen, manche machen es trotzdem. Es steht in allen Führern, die kostenlos ausgegeben werden. Ich habe noch Hoffnung, dass das Bewusstsein sich doch ändert, wenn oft genug darüber gesprochen wird. Menschen wachen auf, verbinden sich mit den letzten Schönheiten der Erde, werden Leuchttürme, die so hell leuchten, dass andere sie auch hinter geschlossenen Lidern nicht ignorieren können und beginnen sich an diesem Licht zu wärmen und zu erhellen. Wir lassen uns nicht unterkriegen. Es klingt nur etwas zynisch, wenn ich sage, schaut euch die Riffe möglichst bald an, solange sie noch leben. Unseren Kindern wollen wir sie auf jedenfall noch allen dreien zeigen. Aber nicht nur ihnen, auch Euch am liebsten allen. Ich hätte nie gedacht, welche Energien frei werden, wenn man sich wirklich einem Traum verpflichtet und ihn lebt, sagte Janice, die für die Ruhe der Wale über den Atlantik ruderte und mächtig viel Medienrummel um die Wale machte. Sie will jetzt übrigens den Pazifik in aller Stille, in einem kleinen 7m Segelboot ersegeln, nicht mehr rudern und ohne Sponsoren. Es ist für jeden ein Ausbalancieren. Wie finde ich das, was ich suche, mit wem und wo. Wir haben es temporär gefunden und sind dankbar, dass es unseren background gibt, ein Zuhause. Ohne den hätten wir es nicht geschafft.

So, zum Abschluss für heute ein Bild von der Haulover Bucht, alle Charterschiffe sind schon wieder weg, wir haben die Stille wieder für uns. 

Haulover Bay, 360 Grad Rundumsicht. Rechts der Mitte das Dunkle sind Riffe, links davon Sand. bitte anklicken

Sonntag, 28. April 2013

Weiter

Der Mensch ist nicht dazu geschaffen, ewig im Paradies zu leben. Ich habe noch nicht den Zustand erreicht, dass mich das ewig blaue Wasser und die Palmen am Strand langweilen. Aber leer bin ich, wie unser Kühlschrank seit Tagen, und es ist gut, wenn man sich mal wieder unter Menschen aufmachen muss. Man benutzt landläufig den Ausdruck "von Glück erfüllt sein", und ich habe mich öfter gefragt, warum ich noch nicht platze. Nun weiß ich, dass es noch den Zustand gibt, von Leere erfüllt zu sein. Wir haben viel Zeit zum Nachdenken, auch über Dinge, die man lieber immer wieder schön in tiefere Schubladen packt, um sie nicht über Bord werfen zu müssen, statt sich damit auseinander setzen zu müssen. Aber hinter dem Denken gibt es noch dieses Zufrieden Sein, auch mit der eigenen Unvollkommenheit, sowie mit den Schlangen, die es in jedem Paradies gibt. Immer wieder will man sich über sinnvolle Tätigkeiten definieren. Herausforderungen bestehen. Selbst dieser Multimilliardär Sir Richard Branson , dem hier ein paar Traumimseln gehören, musste sich vor ein paar Wochen noch im hohen Alter beweisen , dass er von einer zur anderen seiner Inseln 12 Meilen übers offene Meer kitesurfen kann, statt einen seiner Hubschrauber zu nehmen.
Ich weiß nicht, was Flucht vor dem Altwerden ist, wenn man immer wieder weiter reisen möchte, immer neue Eindrücke mit immer neuen Menschen. Nun, diesen Antrieb habe ich gerade nicht, aber kann auch nicht sagen, dass es so einfacher ist. Warum wohl haben große Philosophen jahrelang in der Tonne gelebt oder auf der Parkbank (E. Tolle, der uns z.Zt. So viel bedeutet)?
Es ist eine irre Herausforderung, auf wenigen Quadratmetern seit 10 Monaten zusammen zu leben mit einem Menschen, den man nicht gerade frisch und jung entdeckt, sondern seit über 30 Jahren kennt. Das ist eigentlich das größte Abenteuer. Und ich bin dankbar, dass wir das soweit geschafft haben.
Gestern haben wir es uns mal richtig gut darauf gehen lassen und haben fürstlich gespeist im Saba Rock. Dort kamen dann 1 Meter grosse Tarpins fast an den Tisch zu Besuch. Wenn diese großen Fische lecker schmecken würden, wären sie wohl auf den Tellern des berühmten Restaurants gelandet. Ich habe mal den Anegada Hummer probiert, der keine Scheren hat, sehr lecker war, aber doch nicht vergleichbar ist mit dem lobster aus Nova Scotia. Ja, mann vergleicht immer alles, bewertet, erhebt das eine über das andere, aber gestern ist es mir gelungen, einfach dort in dem Ambietne das zu genießen , was dort war.





Donnerstag, 25. April 2013

Vergänglichkeit

darüber könnte man philosophieren. Damit meine ich diesmal aber nicht den Materialschwund, der uns immer wieder in Atem hält. Wir haben gerade mal Inventur gemacht, die Vorräte sind ziemlich aufgebraucht. Und die paar Konserven auch, die wir vor zwei Wochen gekauft haben. Die wenigen übrig gebliebenen sind DURCHGEROSTET. Schlussfolgerung: es ist definitiv kein Problem, Konservendosen auf dem tiefen Meeresgrund zu entsorgen. Die sind in ein paar Tagen aufgelöst. So sehen sie im Schiff im Schapp nach 2 Wochen aus:

Mittwoch, 24. April 2013

Wandern

Das Internet ist ungeheuerlich. Es hat einen Klassenkamerad von meiner alten Penne vor 30 Jahren www.micha-neuhaus.de und mich zusammen gebracht, obwohl ich auf kein Klassentreffen kommen konnte, weil Konzerte nicht zu verschieben waren, oder wir schon auf dem Meer waren.. Micha war wohl mit mir der Einzige, der aus dem Jahrgang die Musik zum Beruf gemacht hat. Etwas andere Sparte, die ihn dann u.A. viele Jahre auf der Seacloud als Pianisten und Unterhalter in die Karibik geführt hat. Und nun verfolgt er von unserer gemeinsamen Heimatstadt aus unsere karibischen Wege, kennt fast jede Bucht und gab den Ratschlag, diesen Höhenweg mal zu laufen. Ja, Micha, wie du siehst haben wir den Einstieg gefunden und als Beweis der Ausblick auf unsere LIZA runter in die Long Bay. Danke für den Tip! Bevor der Regen im Hintergrund uns "erwischte" waren wir wieder am Schiff, aber weil es so bedeckt war, haben wir die Wanderung überhaupt ausgehalten. Bei praller Sonne ist es uns einfach z.Zt. zu heiss. Die Vegetation braucht dringend Regen - und wir haben ihn auch genossen. Haare waschen etc. schont den Wassermacher.
zum Vergrößern doppelklicken. Ausblick Virgin Gorda in die Richtung von Tortola, Beef Island und rechts daneben die Dog Islands

Montag, 22. April 2013

Long Bay

Wir sind nicht weit gekommen, aber hier wollte Monika schon lange hin und nun sind wir überrascht, dass es hier so viel ruhiger ist, als "um die Ecke" in der Leverick Bay. Ich weiss es ja, Sonnenuntergänge sind stink langweilig für die, die sie nicht erlebt haben. Wir waren heute jedoch so froh, doch noch eine ruhige Bucht gefunden zu haben, nachdem wir schon bis Spanish Town runter gefahren sind und überall 30 Knoten Wind um die Ohren blusen :-(  Dann sind wir zurück, und haben wieder mit Heckanker uns so tief in die Bucht und ans windgeschützte Lee-Ufer gelegt, bis der Wind über uns hinweg ging (von ein paar Fallböen abgesehen). Wegen des Windes ist das Meer wie leer gefegt, kein einziges Schiff zu sehen. Da war der Ausblick noch mal ein besonders schönes Erlebnis.
 




bizarre Formen

Von der Schärfe der GoPro Fotos unter Wasser bin ich etwas enttäuscht, auch wenn ich die (nicht für den Blog verkleinerten) Original-Bilder betrachte. Umso mehr begeistern uns die Korallenbänke, Köpfe, Geweihe und Tische in Natura. Heute waren wir wieder über eine Stunde "spazieren" im Unterwassergarten direkt am Schiff. Auf die BVIs möchten wir gern noch mal mit Crews hin, die aus Tauchern, Schnorchlern, Seglern und Kayakfahrern bestehen. Das ist für jede Interessenslage fantastisch. Auch die Schnorchler können schon so unglaublich viel sehen. Wir machen seit Wochen Kreuzchen im Fischbestimmungsbuch, was wir alles entdeckt haben. Es lässt sich alles so ideal kombinieren. Denn mal ehrlich: Wer hat denn Lust, im Urlaub 1-2 Tauchgänge am Tag zu machen und ansonsten herumzuhängen in der Tauchbasis, Dekompressionszeiten abwarten etc. Ist es nicht interessanter, zum nächsten tollen Tauchgrund (oder wenns sein muss auch Wrack für die Flaschentaucher) zu segeln, am Tauchrevier zu übernachten, in der Abendsonne noch ne Runde Kajak fahren. Gibt es eine idealere Abenteuerurlaub-Kombination, gerade auch für Familien, wo jeder etwas anderes möchte?  Ich glaub, wir müssen uns im kommenden Herbst mal ganz genau überlegen, wie wir diese Idee weiterbringen können.









Samstag, 20. April 2013

Lever-Rick Ade

Da liegt die Grand Cru mitten in der Bucht und wir haben uns gestern Abend im Jumbies von Rick verabschiedet - Auf Wiedersehen in Nova Scotia. Die Musik war leider nicht live, umso lebendiger die Stelzentänzer, die unglaubliche Dinge in der schwindelerregenden Höhe vollbracht haben und mitten in der tanzenden Menge herum gelaufen sind. Man konnte gar nicht anders, als durch ihre Beine entwischen, was sie oft "da unten" gar nicht sahen. Als sie mit ihrer Tanzeinlage fertig waren, schauten sie meiner crazy Copilotin beim Tanz-Improvisieren mit Rick zu - und es dauerte nicht lange, bis die beiden Drinks von den Zuschauern spendiert bekamen. Als die Kommentare der Tänzer, they are amazing, the best dancers we ever had here  etc etc zunahmen, hab ich mich mal zu den schwarzen Locals an den Tresen gesetzt und auch ihnen bei ihren komplett anders"artigen" Tänzen zugeschaut. Es ist eigentlich kein Tanzen mehr, sondern öffentlich vollzogene Kopulation, aus allen Richtungen, aber noch bekleidet. Manche Frauen reiben hemmungslos ihren Allerwertesten an allem was "rumsteht" und zur "Not" an Kokuspalmen. Herrlich, diese "Let it Go" Atmosphäre.

Freitag, 19. April 2013

Back to Jumbies

Auf der Flucht vor zuletzt 28 Knoten Wind haben wir uns ins letzte Eckchen noch zwischen Bojenfeld und Küste direkt vor das Leverick Resort gelegt. Dann müssen wir heute Abend zur Karibischen Musik mit den Jumbies nicht so weit mit dem Dingi fahren. Bei der Welle ist man dann naemlich klatsch nass. Das waren wir auch nach einem kleinen Spaziergang soeben auf die Berge, aber diesmal wegen der Hitze. Aber der "Landduft" der blühenden Sträucher war es wert.
So, nun lad ich mal hoch, habe hier gerade mal Netz.





an der linken Ecke des weissen Daches in der Bildmitte liegen wir


Und das ist Moskito Island und rechts daneben das Riff der Sir F. Drake Anchorage, wo wir auch mit Corinna und Flo gelegen haben

Donnerstag, 18. April 2013

Der Golfstrom

aktueller Verlauf des Golfstroms (das links unten im Bild beginnende "Band") südlich von Nova Scotia, täglich upgedated hier.....



Auf unserer bevorstehenden Passage nach Canada abseits der Blauwassersegler-Barfußroute in den rauheren, unbeständigeren Norden haben wir vor allem eine Hürde zu nehmen: den Golfstrom.

Der "gulf stream"  ist eine warme, rasch fließende Meeresströmung im Atlantik nördlich der Bermudas. Er ist Teil eines globalen maritimen Strömungssystems, des globalen Förderbands. In Richtung Europa wird der Golfstrom zum Nordatlantikstrom. Er ist Teil der westlichen Randströmung und beeinflusst das Klima in Nordeuropa.
Je nachdem, wo wir den Golfstrom kreuzen und unter Umständen gleichzeitig eine Kaltfront erwischen, beeinflusst das unseren Törn erheblich. 
Spezialisten sagen, dass Segel-Rallys von USA Richtung Osten allein dadurch zu gewinnen sind, dass man diesen Golfstrom richtig quert, u.U. auch an anderer Stelle, als auf dem direkten Weg. Es gibt in den USA kommerzielle Anbieter, die individuell für 40 USD pro Chart den tagesgenauen Verlauf versenden oder persönliche Törnberatung machen.
Ich lade mir die u.g. Karten als Overlay auf Google Earth, wo auch unsere reale Position eingetragen ist, und sehe dann, wann wir "hineinsegeln". Abgesehen davon merkt man es auch am Temperatursturz des Wassers, zumindest beim Rausfahren in den Nordatlantik ist es u.U. 15 Grad kälter..


Der Golfstrom befördert etwa 30∙106 m³ Wasser pro Sekunde am Floridastrom, bei einer Geschwindigkeit von 1,8 m/s, und bis zu maximal 1,5 ∙ 108 Kubikmeter Wasser (150 Sv) bei 55° West[1]. Das ist mehr als einhundertmal so viel Wasser, wie über alle Flüsse der Welt zusammen ins Meer fließt. Er transportiert etwa 1,5 Petawatt[2] Leistung. Dies entspricht der Nutzleistung von ungefähr zwei Millionen modernen großen Kernkraftwerken.

oben: Newport to Bermuda, gesamter Verlauf bei Passageweather hier.....
Ob noch eine Kaltfront von West nach Ost zieht (in schwarzen Dreiecken oder "Zacken" dargestellt) und auf den Golfstrom trifft, zeigt folgende Karte (falls nicht automatisch aktualisiert, hier klicken....)
Der gesamte Atlantik 48 Std. Vorhersage hier...
Und zu guter Letzt, wo wir gerade beim Wetter sind: Wenn es interessiert, gibt es dazu auf unserer website noch weitere aktuelle Wind- und Wellenkarten hier......

Virgin Gorda: Eustatia Sound - mehr Einsamkeit brauchen wir nicht

Gestern haben wir uns in das Korallengebiet um den Eustatia Sound gewagt, weil wir hier fast allein sind. Da sind nicht mal mehr im Flachwasser Katamarane zu sehen. Dabei muss man einfach sehr vorsichtig und bei guter Sicht (Mittagssonne) durch die Corallenbänke hindurch navigieren. Das ist bei wenigen Metern Wasser unter dem Kiel nicht ganz so einfach, wie es auf der Luftaufnahme zu sein scheint, aber es geht, und wir wurden belohnt mit einem kilometer langen Sandstrand nur für uns allein.(siehe 180°Panoramabild von Prickly Pear bis Eustatia Island). Es war zudem wohltuend, dass nachmittags dann einige Wolken die Sonne verdeckten und die Augen sich mal fast erholen konnten, von dem vielen oft gleißenden Licht. Die Stimmung von dem "grauen" Bild machte mir zwar erst mal etwas zu schaffen, weil es mich an so viele Nordsee- oder Hollandeindrücke erinnerte, aber ich habe dann dank Monika die Pastelltöne im Grau entdeckt, das zarte Olivgrün und Kupferrot (hier gab es Kupferabbau), auf das meine Augen ansonsten nicht so anspringen. Heute Nacht fegte dann ein Squall nach dem anderen über uns hinweg, das Schiff ist wieder "entsalzt", die Scheiben klar, aber wir hatten die Nacht trotz der Riffe = Wellenbrecher um uns herum ziemlich Rock `n Roll, es war fast so wie unter Segeln, aber der Anker hielt im Sandgrund ausgezeichnet. Ja, man kann wieder nicht alles haben: Einsamkeit, Wind (zum Abkühlen) und eine windstille Bucht ohne Wellen, und bitte ohne Mücken. 23-25 Knoten am Ankerplatz sind ein bisschen viel zum ruhigen Schlafen, aber gut zum Gewöhnen an den bevorstehenden Hochseetörn. Trotzdem schauen wir mal, ob wir noch eine etwas weniger offene Bucht finden. So langsam kennen wir die BVIs wie unsere Hosentaschen (ähm, welche Hosen ?), und das nahende Ende drückt ein wenig auf die Stimmung. Es ist nicht mehr steigerbar... Was nun kommt, ist komplett anders. Gestern hat Rick sein Schiff für uns "entflaggt", uns seine Flaggen von Kanada und Nova Scotia mit auf den Weg dorthin gegeben. Wir haben nun beide unter der Backbordsaling und fühlen uns damit schon kanadischer.
Ich beschäftige mich seit Tagen mit dem Phänomen Golfstrom, den wir auf dem Weg nach Kanada durchqueren müssen. Er hat eine Strömung von bis zu 10 km/h, ist sehr warm, und dahinter gibt es einen Wassertemperatur-Sturz von fast 15 Grad. Wenn an dieser Stelle noch eine Kaltfront von USA eintrifft, wird es ungemütlich. Naja, wenn es interessiert, kann ich dazu mal einen extra Blog schreiben. Wichtig ist, dass der Golfstrom sich sehr stark verändert. Er ist nicht mit Gribfiles erkennbar. Wir müssen via Satelliten-Download Sea Surface Temperature Karten laden, auf denen er sichtbar ist.
Soviel zum Thema "im Jetzt leben". Die Gedanken sind doch immer mit Planung und Zukunft beschäftigt. Beim Segeln fast mehr als in vielen anderen Bereichen. An diese Unruhe, auch das permanente "Bewegtsein" wie heute nacht wieder, werde ich mich hoffentlich erinnern, wenn es mir irgendwann an Land mal wieder zu eintönig wird....
So, nun schnorchle ich noch etwas im Prickly Pear Riff und gegen Mittag suchen wir mal eine ruhigere Bucht.
stark vergroesserbar



Dienstag, 16. April 2013

Zufälle?

Die vergangenen Tage standen alle im Zusammenhang mit unseren Freunden aus Nova Scotia. Mit einem bewegenden Abend auf Liza haben wir Louise verabschiedet und ins Herz geschlossen, bis wir uns in NS wiedersehen. Ich hatte nie geglaubt, dass wir uns zu viert in unserer Fremdsprache Englisch so tiefgehend unterhalten könen. Die beiden sind ca. 15 Jahre älter als wir, haben ebenfalls ein gemeinsames Leben auf dem Schiff erlebt, wenn auch in kürzeren Abschnitten. Rick und Louise sind auch Familienmenschen, und das zusammen zu bringen, ist gar nicht einfach, zumal die seglerischen Ambitionen bei den beiden sehr unterschiedlich ausgeprägt sind. Ich habe so viel Glück mit meiner Copilotin, die gern auch längere Strecken segelt. Nachdem Rick dann allein war, haben wir ihm geholfen, sein Schiff nach Virgin Gorda zu verholen, wo es für die Hurricane Saison  über dann an Land soll. Zum ersten Mal ist Monika deshalb nicht bei mir auf Liza, sondern bei Rick an Bord mitgesegelt, und ich allein auf Liza. Das war für alle ein Abenteuer, zumal auf "Grand Cru" plötzlich der Motor ausfiel. Es war am Ende ein Problem der Tankverbindung/Entlüftung, aber der Schrecken saß, und wir haben alle gut Ruhe bewahrt, Abschleppmanöver vorbereitet wegen drohender Abdrift Richtung Land, letzlich notgeankert unter Fock vor dem Riff. Rick war so froh, dass ihm das nicht mit seiner Frau passiert ist, sondern Monika ihm in aller Ruhe assistieren konnte. Nach diesem Schrecken sind wir noch knapp 30 Meilen gekreuzt und erreichten gerade bei Eintritt der Dunkelheit die vertraute Sir Francis Drake Anchorage auf Virgin Gorda. Heute hat Rick uns dann zu einem Musiker-Freund im Leverick bzw. Jumbies Bar mit seiner Einmann-Piraten-Musikshow "Happy Arrrr" eingeladen. Die beiden werden im nächsten Sommer gemeinsam in Nova Scotia auftreten. Rick hatte ihm von uns schon erzählt, und wir waren total gerührt und überrascht, dass dieser Freund Michael A. Gardner für uns ein Lied uraufführte, dass er vor Jahren geschrieben hat. Es handelt von der in Nova Scotia in Lunenburg gebauten Bluenose I , einst der schnellste Schoner der Welt und ganze Stolz der Kanadier, abgedruckt auf den 50-Cent Briefmarken, 10 Cent Münzen, auf den Nummernschildern der Autos, wurde von Dampfschiffen abgelöst und lief am 28.1.1946 mit Bananen beladen auf ein Riff vor Haiti . Michael ist Amerikaner, segelte über 30 Jahre durch die Welt, spielt seit Jahren drei mal pro Woche in der Leverick Bay, rief ein Schulprojekt für Kinder in Haiti ins Leben, wo er von der Geschichte der Bluenose erfuhr. Er lies die Möbel aus Schiffswracks von den Menschen auf Haiti restaurieren , um den Erlös dieser einzigartigen Handarbeit in sein Schulprojekt zu stecken und so den von Hurricanes getroffenen Insulanern zurück zu geben.
Ja, und heute war der Tag, an dem er sein Bluenose-Lied zum Besten gab, angeregt durch Rick, der ihn nach Nova Scotia auf die Bühnen holen möchte. Wir werden uns dort wiedersehen und hören. Morgen spielt Rick in Michaels Show einfach zum Spass Bongos mit. Monika und ich wollen noch den Eustatia Sound aufsuchen und Deep Bay, von der uns eine australische Skipperin vorschwärmte. Am Freitag gibt es noch eine Show mit Stelzentänzern und ur-karibischer Musik, wo wir uns dann wohl von Rick verabschieden. Er kann wegen unveränderbarerTermine nicht mitsegeln auf die Bermudas, aber vielleicht von dort mit nach Nova Scotia.

Samstag, 13. April 2013

Norman Island, Benures Bay

Wenn man abseits der in den Führern gelobten Buchten und Restaurants ankert, ist die Karibik wirklich alles andere als überfüllt. Solche traumhaften Ankerplätze wären z.B. in Kroatien in der Hauptsaison mit etwa hundert Schiffen gefüllt. Oder es gäbe da ein zahlungspflichtiges Bojenfeld. Hier ankern wir frei und können wieder neue Fische bestaunen. Die Riffe sind so abwechslungsreich. Diesmal haben wir einen ganzen Schwarm von Atlantik-Tarpunen direkt unter dem Schiff beobachtet. Sie sind 60-120 cm groß. Film dazu siehe unten. Wir haben den Sky-Chair, eine Art Hängematte, zwischen den Rümpfen aufgehängt, weil es dort so schön kühl ist. War richtig spannend, wenn der Barrakuda direkt neben mit großen Augen beobachtet. Konnte die GoPro mit einem kleinen Stiehl neben mir ins Wasser halten.
Wir wissen gar nicht mehr, ob wir hier noch wieder weg wollen, ob wir uns die USVI  St. John noch anschauen wollen. Dort ist alles reglementiert, selbst die ein zwei Stellen, wo man mit dem DIngi in den Buchten an Land darf, sind festgelegt. Zwei Drittel Naturpark, überall Gebühren und Bojen.. Aber es soll die grünste Insel sein. Mal schauen, ob wir uns der Einwanderungsprozedur noch unterwerfen. Es wird übrigens heißer (tagsüber 32 Grad), der Sommer naht auch hier, nachts regnet es meistens. Manchmal freuen wir uns schon auf die kühleren Temperaturen in Nova Scotia. Oder wir motivieren uns zumindest damit.....

Vielleicht haben wir nächstes Jahr so viele Interessenten und Gäste, dass wir unsere LIZA wieder hier her bringen. Vielleicht finden sich dann auch Segelbegeisterte, die den Törn Kanada-Bermudas-Karibik mitmachen. Ich will nicht weiter in die Zukunft planen, aber ein Schiff ist nun mal kein Auto, das man überall in die Garage fahren oder auf den Parkplatz stellen kann. Es ist ein komplexes Haus auf dem Wasser, das nicht so einfach überwintert werden kann.
Wir treffen auch immer mehr Segler, die ihre Schiffe problemlos in der Karibik "übersommern", aber unsere LIZA allein in der Karibik lassen??  Nein, wir werden den Törn über die Bermudas machen. Das ist immer klarer. Und wo wir LIZA in Canada bzw. im nächsten Winter lassen, werden wir schon sehen.  Step by step...
Nun  sind wir noch mal kurz in die Fathogs Bay gesegelt (16 Meilen in 1,5 Std. gegen den Wind) , Müll entsorgen, einkaufen, und vor allem von Louise aus Chester/NS verabschieden, die wieder von Bord der Grand Cru IV geht und Rick bleibt hier.









Mittwoch, 10. April 2013

Heute ist morgen schon gestern

Wie lange könnte ich dieses Leben so aushalten? Nichts passiert außer dem was wir tun, geniessen oder denken und nicht denken. Niemand anerkennt unsere "Arbeit", kein Chef oder Kunde lobt uns. Was wir nicht bewusst erleben, ist für immer nicht gelebt. Monika hat mir die Augen dafür geöffnet: Wenn ich das Paradies festhalten will, indem ich es z. B. fotografiere für spätere Erinnerungen, lebe ich in der Zukunft , wenn ich mir die Bilder anschaue , sind sie Vergangenheit. Das vertreibt mich jetzt aus dem Paradies genauso wie das (be)schreiben. Ich bin jetzt mitten drin und kann es nicht fassen. Bin froh, dass wir es zu zweit wahr nehmen, Freude über Gesehenes teilen, aber aufnehmen kann ich es nur ganz allein und jetzt. Fast will ich flüchten in das bunte Treiben einer Stadt, brauche nur den Anker aus seinem sicheren Grund zu brechen, mich der Pflicht entziehen, mich jetzt hier mitten drin damit auseinander zu setzen, was ist und was ich fühle.
Ich will nicht mehr nach Worten suchen, habe zum ersten Mal wieder Sehnsucht danach, das JETZT in Tönen, in Lieder ohne Worte, in Musik sprechen zu lassen. Was wäre, wenn ich jetzt hier meine Viola singen lassen würde, der Widerhall von den Felsen die Vögel, die Stille unterbricht, und wahrscheinlich die paar Langfahrtsegler stört, die im Gegensatz zu den Chartercrews keine Dauer-Musik an Bord laufen haben. Es ist seit Tagen kein Charterschiff hier, weil das Ankern mit Landleinen an den Riffs zu tricky ist.
"Meine" Musik gehört in den Konzertsaal - schade. Der Instrumentenlack würde schmelzen und mir wäre es auch zu heiß.
Alles hat seine Zeit und ich weiß, dass mein Landleben wieder kommen wird. Wenn man alles auf einmal will, ist das der sichere Weg ins Unglück. Ich bin froh und dankbar, dass ich jetzt hier sein kann, Zeit habe und nicht nur eine oder zwei Wochen Charter und dann wieder ab in die Firma muss. Alles hat seinen Preis, auch das Paradies. Und doch kann man es nicht kaufen. Die Insel hier ist (wie mein Vater schrieb) wohl zu kaufen, aber niemand kann mich daran hindern, hier meinen Anker in den Sandgrund einzugraben und erst wieder zu lichten, wenn das Paradies von Hurricanes heimgesucht wird, heftige Regen über die Inseln herfallen und das andere Gesicht hervor tritt. Wir werden immer wieder aus dem Paradies vertrieben. Ich will nicht traurig darüber sein, dass wir in wenigen Wochen aufbrechen müssen. Ich habe noch keine Lust auf die Bermudas. Auch wenn sie eine reizvolle Mischung aus britischen, mediterranen und karibischen Elementen sein sollen.
Noch bin ich hier, mag nicht planen, lass mir den jetzt angenehmen kühleren Abendwind um die Nase wehen und denke NICHTS. Punkt

Montag, 8. April 2013

Welcome to Paradise

sagen die Einheimischen gern, und es ist wahr! Es lässt sich weder in Worte noch in Bilder fassen, zumal ich gerade nur kleine iPhone Fotos in den Blog senden kann. Da ich oft genug von den Strapazen und dem stürmischen Weg hierher berichtet habe, möchte ich einfach nur sagen, dass wir im Paradies angenommen sind. In der Morgensonne springen die Fische zu Hunderten, wie auf dem ersten Bild zu sehen ist (Blauflossen-Tunfische bei der Jagd) und man kann beim Frühstück vom Schiff aus das Treiben im Riff beobachten. (Gerade kommt der Barakuda vorbei) Ich weiß , dass es nicht ewig so bleiben kann, aber jetzt und hier kann ich es endlos genießen. Man hat so viel Zeit, wenn man keine Zeitung schon zum Frühstück liest, keine Tagesschau sieht, und Fernsehen sowieso nicht. Von den Klauen der Medien des Staates befreit, mit denen er bestimmt, wohin wir schauen sollen und was wir glauben sollen, worüber sich seine Bürger unterhalten sollen. Wenn ich mittendrin bin , merke ich das nicht, aber aus der Ferne angesichts dieses Paradieses erscheint es fast absurd, wie das Leben mit den Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen vertan wird, mit Shopping, Klamotten, Statussymbolen etc. , um die Wirtschaft in Schwung zu halten. Ich hab ja auch kein anderes , besseres Konzept, bin nur nicht überzeugt, dass es so weiter geht. So viele Menschen sind längst in die innere Immigration gegangen und entziehen dem Staat wo es nur geht. Aber sie bleiben Gefangene des Materialismus. Man kann mit so viel weniger auskommen und sich nicht gegenseitig diesen ganzen Wohlstand vormachen, der oft genug noch mit Darlehen finanziert wird. Ich habe auch lange solche Gedanken als Aussteigergeschwätz abgetan, wie soll das denn gehen, und was ist wenn jeder so denken würde. Man muss selbst darauf kommen, sich selbst befreien, den Mut aufbringen, es ohne Korsett oder Krücken des sozialen Netzes zu versuchen. Die Arbeit finden, die man gern tut.
Ich werde wieder hierhin zu den Virgin Islands zurück kommen und die paar jungfräulich gebliebenen Paradiese mit Menschen teilen, die auf Marinas, Bars und Shopping sowie auf Luxus an Bord eine Weile verzichten können und stattdessen die Unabhängigkeit von Strom und Wasser auf LIZA zu schätzen wissen. Bei uns brummt nicht der Generator die ganze Nacht wie auf den meisten größeren Schiffen. Und trotzdem haben wir Solarstrom und genug Wasser aus dem Meer, wenn man bewusst damit umgeht. Dieses Konzept der Beschränkung auf das Wesentliche möchte ich weiter verfolgen und jedem zeigen, der Sinn dafür hat.