Freitag, 17. Oktober 2014

Landnomaden und neues Groß-Segel

Die vergangenen Wochen waren wir als Landnomaden unterwegs. Es war wieder eine Zeit des permanenten Herumreisens, Gegenden besuchen, für die wir vom Schiff aus keine Zeit hatten oder die mit dem Schiff unerreichbar sind wie z.B. Cape Split in der Bay of Fundy, wo der höchste Gezeitenunterschied der Welt (bis 16m) nicht nur das Ankern oder Anlegen fast unmöglich macht, sondern auch die Strömung es kaum zulässt, dagegen an zu motoren mit unseren 2x30 PS. 

Wir haben zuletzt das Annapolis Valley erfahren und erlaufen, mitten in der Obst- und Pumpkin Ernte diese so ganz andere Gegend kennen gelernt. Es ist verrückt, wie unterschiedliche Gesichter Nova Scotia hat. 100 km weiter bewegt, und man kommt in Gegenden, die so völlig anders aussehen. 
Das Annapolis Valley

Das „Valley“ erinnert uns an Bodensee, Apfelplantagen mit fast schwarz-roten Äpfeln, Lauch, Kohl, Brokkoli, Kartoffeln und Weinfelder, soweit das Auge blickt. Das muss mit dem fruchtbaren Böden zusammenhängen, die bei der gewaltigen Flut kilometerweit überschwemmt wurden. Noch heute sieht man viel Marsch-Land, dem jedoch durch Dämme schon im letzten Jahrhundert Land für Ackerbau abgerungen wurde. Die Bevölkerung, die Erntehelfer, Bauern erscheinen uns fast noch „stranger“ als die Fischer in den abgelegensten Ecken, wo wir vorher herumgefahren sind. Schwere Landwirtschaft mit unvorstellbar großen Landmaschinen und harte körperliche Arbeit zeichnen die Menschen hier. Das Meer spielt nur noch eine untergeordnete Rolle, kein Wunder, wenn man nur zu wenigen Stunden rausfahren kann durch schlammbraunes Wasser, und dann immer mit den Tiden zu kämpfen hat. Ich habe für mich herausgefunden, dass ich definitiv mich auf Cape Breton Island am wohlsten fühle, die Landwirtschaft ist mir zu sehr vom Niederrhein und aus Holland bekannt. Ich bin, wie man hier sagt, eben eher ein „Islander“, ein Insulaner. 
Die Wanderung nach Cape Spit durch die Wälder, brutal vom Wind zerfetzter Bäume aufgrund der exponierten Lage , hat mich fast bedrückt, wäre da nicht das atemberaubende Kap am Ende als Belohnung gewesen. Es war so stürmisch, dass wir beide es mit der Angst bekamen, und die Klippen nur im Liegen bestaunen konnten. Der Wind hätte uns sonst weg geblasen. Keine schöne Vorstellung, da unten auf den wild vom Meer umspülten Klippen zu enden. Wenn das Meer sich zurück zieht, hinterlässt es kilometerlange Siele, in denen sich Vögel tummeln, Menschen aber nichts zu suchen haben, ausser sie riskieren ihr Leben, um Muscheln zu graben für kurze Zeit, bis das Meer so schnell wieder mit Macht zurück strömt, dass man ihm mit zwei Menschenbeinen kaum davon rennen kann. Es war sehr faszinierend, auf dem Meeresgrund spazieren zu gehen und zuzusehen, wie die Flut hereinströmt. Am letzten Abend bot sich uns dieses Naturschauspiel in voller Schönheit. Es ist nicht mit der Kamera einzufangen.




Diie Faszination dieser Gezeiten-Landschaft sind die Kontraste eines extremen Naturschauspiels
Cape Breton, Dingwall, Aspy Bay

White Point südlich von Meat Cove im NO von Cape Breton


Meat Cove

Pleasant Bay und die Highlands von Cape Breton

Highlands von Cape Breton

Da waren unsere Eindrücke vom äussersten Nordosten der Insel Cape Breton angenehmer. Die Tage bei Meat Cove, White Point, Dingwall waren wunderschön, was auch an der nirgendwo sonst so schönen Herbstfärbung lag, immer im Kontrast zu tiefblauem Meer. Die Fischer waren um diese Jahreszeit natürlich auch relaxter als die hektisch wirkenden „Landmenschen“ im Valley, die die Ernte einfahren müssen oder sich in Städten wie Kentville mit materiellen Angeboten jeder Art befriedigen (müssen). Die Universitäts-Stadt Wolfville bot durch die vielen Studenten schon ein erfrischenderes Bild. Interessant, dass die weit verbreitete Übergewichtigkeit der Locals dort wesentlich weniger auffällig ist. Körperwahrnehmung ist wohl eher ein Anliegen von Akademikern, die sich offenbar vom Kopf her auch mit Ernährung beschäftigen. Es waren nämlich nicht nur die jungen Studenten, sondern auch viele andere „alternativ“ aussehende Einheimische.
Ich werde mich im Winter wohl auch ausgedehnter mit dem Kopf damit beschäftigen müssen, wie man gesund auf dem Schiff leben kann, oder auch durch den Winter kommt. Es gibt auf dem Schiff zu wenig konditionelle Bewegung. Das haben wir jetzt bei den vielen Wanderungen „schmerzvoll“ erkennen müssen. 
Das wochenlange Reisen hat mir wieder ein paar Dinge bewusst gemacht: 
Der dauernde Wechsel von Unterkünften ist sehr anstrengend, mit Schlafproblemen verbunden, viel Autofahren, so ganz anders als beim Segeln, wo wir unser „Schneckenhaus“ dabei haben. An Land waren mir tiny houses oder ein Nurdach-Haus zu klein, obwohl eine Bootskoje nicht viel mehr Schlafplatz bietet. Per Wohnmobil reisen macht im Herbst keinen Sinn, weil die meisten Campingplätze hier im Oktober, spätestens ab 13.10. geschlossen sind. An Land brauche ich mehr Platz, als auf dem Wasser, möchte ein paar Annehmlichkeiten genießen, wenn ich schon nicht mit der Natur direkt verbunden bin. Ein kleines Häuschen mitten im Wald ist nicht gleich mitten im Wald SEIN. Man hört das Rauschen nicht, spürt den Wind nicht, riecht das Moos nicht. Auf dem Schiff nehme ich alle maritimen Eindrücke unmittelbar wahr, rieche das Meer, fühle die Wellen, manchmal höchstens zu viel davon ;-)  
Man muss es einfach alles mal bewusst und selbst erlebt haben, um zu wissen, in welcher Umgebung man sich am wohlsten fühlt. Und wie viele Menschen man dauerhaft um sich herum haben kann bzw. wie viel Pause dazwischen sein muss. Wir möchten wieder größere Touren zu Zweit unternehmen.
Das ist mir jetzt klar und so wird LIZA wieder unser Zuhause sein nächste Jahr. Wenn sie an Land muss, werden wir unser Landhaus für den nächsten Herbst reservieren, statt obdachlos herum zu vagabundieren.  

Deshalb haben wir uns in den letzten Tagen entschlossen, LIZA ein neues Kleid zu spendieren, cloth (=Segeltuch) aus speziellem Dacron, besonders schwer für cruising im Nordatlantik und mit 3 Reffmöglichkeiten statt zwei serienmäßigen

Bild: www.doylesails.com/lofts/halifax/


So lautet die Beschreibung: The cloth will be a 10.4 oz dacron from Challenge sailcloth.The sail will be built to Doyle bluewater standards and include 4 full battens (FB)3 reef points,  loose foot, draft stripes, tell tales and bag all seams will be tape bonded and triple stitched

Hier noch weitere Herbst-Bilder als Diashow:

Sonntag, 5. Oktober 2014

Wieder im Landleben angekommen...

.... genießen wir die Vorzüge von unbegrenzt warmem Wasser zum Duschen, das Zusammensein mit unseren Freunden Christine und Thomas in ihrer schönen River Denys Lodge. Danke für Eure herzliche Gastfreundschaft! !
Cape Breton hat sich, ebenso so plötzlich wie wir mit LIZA an Land mussten, unerwartet schnell in die traumhaften Herbstfarben verwandelt. Der fast süße Duft von Wald, Moos, Farn hat seinen ganz eigenen Reiz und es ist erholsam, den Kopf für eine Weile leer zu haben, die Gedanken nicht von Schiff und Technik absorbieren zu lassen, sondern Seele baumeln zu lassen.
 Der Blick oben von den Bergen auf den Bras d`Or Lake, wo wir so viel herumgekreuzt sind, lässt Abstand gewinnen. Es war eine gute Saison, mit wichtigen neuen Erfahrungen und Erkenntnissen für das nächste Jahr. 
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